Am 16. und 17. November wurden in Wals-Siezenheim die Runden 4 und 5 der 2. Bundesliga-West Saison 2024-25 gespielt und Hohenems blieb (nach den drei Auftaktsiegen gegen die Vorarlberger Konkurrenz) mit zwei weiteren Siegen voll auf Erfolgskurs und liegt nun mit einem Punkt Vorsprung auf die ersten Verfolger auf dem ersten Rang.
Am Samstag wurde gegen Schwarzach im Pongau gespielt und die Papierform sah einen engen Wettkampf voraus. Am Spitzenbrett saß IM Dennis Breder der slowenische FM Samo Stajner gegenüber. Stajner wählte gegen Dennis Caro-Kann Verteidigung mit Weiß eine Variante, die auch als Steiner Angriff bekannt ist (nomen est omen). Dennis hatte die Sache jedoch schnell im Griff und blockierte den isolierten weißen d-Bauern auf dem Ausgangsfeld. Erst im 38. Zug bewegte sich der weiße Zentrumsbauer das erste Mal. Nach dem Motto "wehe sie werden losgelassen" wurde aus der weißen Schwäche plötzlich ein Trumpf, ein starker Freibauer auf d5, den Dennis kontrollieren musste. Es verschwanden dann aber nach und nach alle Bauern und man einigte sich nach 68. Zügen Kampf auf Remis.
Benjamin Kienböck spielte auf Brett zwei gegen FM Pascal Neukirchner. Neukirchner spielte eine Variante der Drachenvariante in der sizilianischen Verteidigung, die man auf Grund des frühen a6 von Schwarz wohl als "Dragodorf" (Mischung aus Drache und Najdorf) bezeichnen könnte (auch wenn das für Najdorf typische Sbd7 fehlte). Benjamin spielte die natürlichsten Entwicklungszüge und hatte nach einem brillianten Bauernvorstoß die Partie völlig im Griff. Nachdem Neukirchner einen Bauern opferte und dafür Läuferpaar und gutes Spiel bekam, drohte die Partie zu kippen. Benjamins Gegner witterte sich wohl schon fast als Sieger als er zwei Leichtfiguren für einen Turm gewann, übersah aber, dass Benjamin mit seinen Bauern entscheidend durchbrechen konnte und dadurch eine glatte Figur (und die Partie) gewann.
Emilian Hofer geriet gegen FM Thorsten Overbeck in der Eröffnung schnell in Bedrängnis, Weiß hatte das Läuferpaar und Raumvorteil. Nach dem Damentausch wurde die Lage für Emilian nur noch brenzliger. Schließlich war es ein weißer Springer, der in die schwarze Stellung eindrang und einen glatten Turmgewinn einleitete.
FM Nikolas Pogans Eröffnung (englische Eröffnung die dann in einer Maroczy Struktur im Anzug endete) wirkte unscheinbar. Nikolas brach die schwarze Kontrolle des Zentrums mit einem Bauernvorstoß f4 auf, die Stellung war wohl etwa im Gleichgewicht. Mit einem unbedachten Springerzug ließ Rücker aber eine tödliche Fesselung eines Springers zu, die Nikolas in einen Figurengewinn ummünzen konnte. Rücker versuchte die Situation komplex zu halten, gab lieber die Dame für Turm und Springer. Allerdings hatte Nikolas außer dem Materialvorteil noch weitere Trümpfe (u.a. ein Freibauer auf der sechten Reihe), die schnelle Entscheidung zu Gunsten Nikolas war die Folge.
Am fünften Brett saßen sich die beiden Manschaftsführer gegenüber, Philipp Lins spielte gegen Juro Ljubic. Philipp war mit Schwarz zuerst etwas riskant unterwegs, sein Gegner hatte eine angenehme Stellung. Nach einem strategisch falschen Zurückschlagen eines Bauerns konnte Philipp seinen König, der lange im Zentrum stecken geblieben ist, rochieren und die Stellung ins Gleichgewicht bringen. Nach 34 Zügen einigte man sich auf ein stellungsgerechtes Remis.
Eine Glanzpartie gelang am letzten Brett Stefan Greußing gegen Norbert Stöckl. Mit geschickten Figurenmanövern erzwang er einige Schwächen in der schwarzen Stellung die dann den Salzburger einen Bauern kosteten. Stefan blieb hellwach und ließ kein Gegenspiel zu. Trocken wickelte er in ein leicht gewonnenes Turmendspiel ab, wodurch er den vollen Punkt sicher nach Hause brachte.
Der Endstand war damit 4-2, das auch in etwa den gezeigten Leistungen entsprach.
Am Sonntag ging es gegen den ASK Salzburg. Im Gegensatz zum Vortag gab es hier (zu Gunsten von Hohenems) einen klaren Favoriten. Auf Brett 1 kam es zum Duell der IMs Dennis Breder gegen Aleksander Tomic. Dennis zeigte wieso die Rossolimo Variante gegen die sizilianische Verteidigung auch auf Weltklasseniveau so populär ist. Der gegnerische König wurde in der Brettmitte festgehalten, der Angriff auf den eigenen König wirkte zahnlos. Schließlich verlor Tomic die Nerven und ließ sich in eine taktische Abwicklung ein, die ihn Turm für zwei Leichtfiguren kostete. Die schwarzen Probleme wurden auch nach dem Damenabtausch nicht weniger was Dennis den vollen Punkt einbrachte.
Benjamin Kienböck hatte mit Schwarz gegen Bernhard Besner schnell angenehmeres Spiel. Besner hatte zeitweise zwei Doppelbauern, schließlich blieb im Endspiel einer übrig. Auf den ersten Blick wirkte der schwarze Vorteil nur symbolisch, aber je weiter das Endspiel fortschritt, umso schmaler wurde der Remispfad für Besner. Und irgendwann verließ Besner diesen und Benjamin brachte die Partie sicher zu Ende.
Emilian Hofer spielte gegen Michael Hermann gegen die Caro-Kann Verteidigung eine giftige Nebenvariante der Vorstoßvariante, deren Ziel es ist den natürlichsten schwarzen Gegenstoß - c5 - so schwer wie möglich zu machen. Und Emilian bekam genau das, wovon man als Weißspieler hier träumt: eine einzelne Figur blockierte jedes Gegenspiel am Damenflügel, selber hatte Emilian am Königsflügel freies Spiel. Absichtlich oder unabsichtlich, Schwarz gab eine Figur für zwei Bauern um dem weißen Druck ein Ende zu machen, Kompensationen waren aber nicht wirklich vorhanden. Emilian musste zwar 35 weitere Züge lang sein Können beweisen, am Ergebnis gab es aber keinen Zweifel.
Bei Nikolas Pogans Partie gegen Stefan Weiß (der auch die weißen Steine führte) sah es lange nach einem Remis aus. Die Bauernstruktur war symmetrisch, wirkliche Schwächen oder weitere Trümpfe hatte keiner der beiden Spieler. Im verflixten 41. Zug (im erste Zug nach der Zeitkontrolle passieren - wohl aus psychologischen Gründen - überdurchschnittlich viele Fehler) schaffte sich Weiß eine erste wirkliche Schwäche wodurch die Partie zu Gunsten Nikolas Fahrt aufnahm. Nikolas gewann zuerst einen Bauern, und, nachdem sich der weiße Turm im gegnerischen Lager verirrte, eine Figur und damit die Partie.
Bei Philipp Lins sah es gegen Peter Donegani aus der Eröffnung heraus eigentlich auch nach einem sicheren Sieg für die Emser aus. Nach einem Bauerneinsteller Philipps musste dieser aber starke positionelle Einbußen machen um das Materialgleichgewicht halten zu können. Ein Remisangebot des Salzburgers nach 30 Zügen nahm Philipp dankend an.
Stefan Greußing geriet gegen Ahmad Hammami mit Schwarz in der Eröffnung etwas unter Druck. Die Stellung war wohl noch okay, aber ein unüberlegter Damenzug kostete Material. Zwei Leichtfiguren gegen Turm und Bauer sind ohnehin schon vorteilhaft, hier kam auch die perfekte Positionierung Hammamis Läufer gegen Stefans König hinzu. Nach 31 Zügen hatte Stefan genug gesehen und gab auf.
Am Ende hieß es 4.5-1.5 zu Gunsten von Hohenems, vielleicht hätte der ASK den einer oder anderen halben Punkt mehr machen können, der Sieg ging in Summe aber in Ordnung.
Knapp vor Meisterschaftshälfte liegt damit Hohenems makellos mit fünf Siegen in fünf Runden an der Spitze, gefolgt von den Absteigern aus der 1. Bundesliga Schach ohne Grenzen und Jenbach. Hohenems hat bisher aber noch gegen keine der (anderen?) Spitzenmannschaften gespielt, was auch in Coach Philipp Lins Reaktion auf die Ergebnisse ("Abstieg mal nicht mehr möglich") erkennbar ist. Der Abstieg möglich ist jedoch für die restlichen Vorarlberger Mannschaften, die allesamt aus Salzburg keine Mannschaftspunkte mitnehmen konnten und sich in den unteren Tabellenregionen wiederfinden.
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