Vom 28. bis zum 30. März fanden im Lustenauer Reichshofsaal im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung des SK Dornbirn (der heuer sein 100-jähriges Jubiläum feiert) die Abschlussrunden der 2. Bundesliga West 2024-25 statt. Hohenems ging als Tabellenführer ins Wochenende, drei knappe Niederlagen hießen schlussenendlich Rang 3. Herausragend war das Ergebnis von FM Benjamin Kienböck, der eine IM Norm holte.
Auch neben der 2. Bundesliga West war viel Spielbetrieb Reichshofsaal, fanden doch gleichzeitig die Schlussrunden der 1. Damenbundesliga und der 2. Damenbundesliga-West statt.
Auch die Damenweltmeisterin der Jahre 2008 bis 2010 GM Alexandra Kosteniuk (Bild) gab sich die Ehre.
Es war im Vorhinein schon klar, dass am Schlusswochenende die Trauben sehr hoch hängen würden, ein Meistertitel unrealistisch war. Die Emser verkauften ihre Haut aber dennoch teuer, mit etwas mehr Spielglück wäre auch der eine oder andere Mannschaftspunkt drinnen gewesen.
Am Freitag ging es gegen die Tiroler Mannschaft Schach ohne Grenzen, Titelfavorit Nummer 1. Gegen Hohenems bot der Favorit zwei Großmeister, zwei internationale Meister und zwei FIDE Meister auf. Hohenems konnte "nur" einen IM und einen FM an die Bretter schicken. Auffällig war, dass Schach ohne Grenzen mehrere Spieler mit Emser Geschichte an die Bretter brachte: an Brett 1 war GM Arik Braun (lange Jahre Spieler in der 1. Bundesliga für Hohenems 1), an Brett 2 saß GM Marco Baldauf (der ca. 15 Jahre lang für Hohenems in der 1. und 2. Bundesliga aktiv war) und an Brett 3 spielte IM Maximilian Berchtenbreiter (der eine Saison für Hohenems 1 und 2 spielte). Während des Wettkampfes musste der Schreiber dieser Zeilen feststellen, dass er mit zwei Spielern zusammen in der Vergangenheit Westliga gespielt hatte und zwei weitere Spieler ihm als Gegner in der Westliga gegenüber gesessen sind. Jedoch waren die ehemaligen Teamkollegen (Arik Braun und Marco Baldauf) auf Seiten der Tiroler, und die ehemaligen Gegner (Fabian Matt und Nikolas Pogan) auf Seiten der Emser zu finden.
An Brett 1 zeigte IM Fabian Bänzigers Nimzo-Inder gegen GM Arik Braun seine Zähne, die Aktivität gegen den weißen König schien unangenehm. In der Zeitnot behielt jedoch der GM die Übersicht und es schien plötzlich Fabians König sein, der sich in Nöten befand. Aber auch Fabian blieb cool und schaffte den Abtausch in ein leicht besseres Endspiel, das auf Grund des Standes im Mannschaftswettkampf nicht mehr ausgefochten wurde, Remis.
FM Benjamin Kienböck (Bild) warf gegen GM Marco Baldaufs Caro-Kann alle Bauern seines Königsflügels munter nach vorne. Bei den Zuschauern zeigten sich leichte Sorgenfalten ob sich das nicht rächen könnte, der GM einen Konter landen könnte. Benjamin blieb aber eiskalt, so blieb dem GM nur eine Abwicklung in ein etwas besseres Damenendspiel übrig. In selbigem übersah Marco eine Kombination, Benjamin war hellwach und nutzte die Chance und konnte ins Remis abwickeln.
IM Maximilian Berchtenbreiter ist als kreativer Angriffsspieler gefürchtet. Gegen den für Hohenems spielenden FM Fabian Matt opferte er eine Qualität für zwei Bauern. Der Computer sah die Chancen für beide Spieler in etwa gleich, aber die Stellung war für Fabian viel schwieriger als für Max zu spielen. Irgendwann sah sich Fabian gezwungen die Qualität für einen Bauern zurück zu geben. Die Probleme wurden aber nicht weniger, er landete in einer unangenehmen Fesselung. Kurz vor der Zeitkontrolle stellte Fabian in einer wohl ohnehin schon fast verlorenen Stellung eine Figur ein.
FM Nikolas Pogan (Bild vom Sonntag) gewann aus der Eröffnung heraus gegen IM Max Hess einen Bauern, die Bauernstruktur und ein starker schwarzer Springern schienen die Stellung grob im Gleichgewicht zu halten. Caissa war hier auf Seite des Emser Spielers, dem IM unterlief ein "Bock" als er ein Matt in 3 übersah.
Dario Bischofberger feierte sein Debüt für Hohenems gegen FM Arthur Kruckenhauser. Leider (aus Sicht von Hohenems) gelang dem Tiroler eine Glanzpartie, er schnürte Dario immer mehr und mehr ein, wickelte in ein sehr vorteilhaftes Endspiel ab, das nicht zu halten war.
Stefan Greußings Gegner FM Andreas Ciolek entschied sich ähnlich wie sein Teamkollege Berchtenbreiter eine Qualität für zwei Bauern zu geben. Die Situation war eine ähnliche wie auf Brett 3: der Spieler der die Qualität geopfert hatte, hatte das leichtere Spiel. Stefan stellte unter Druck leider eine Figur und damit die Partie ein.
Das Endergebnis lautete 2-4, die kleinen Titelambitionen waren damit dahin.
Ingo Lais (links) und Robert Sandholzer (rechts) als Kiebitze in Lustenau
Der Wettkampf am Samstag gegen Schwaz stand unter etwas anderen Vorzeichen als der am Tag zuvor, zeigte doch ein Blick auf die Elozahlen der Spieler, dass beide Seiten nominell in etwa gleich stark angetreten waren.
IM Fabian Bänziger bewies gegen IM Niklas Schmider wieso die katalanische Eröffnung bei vielen Schwarzspielern so gefürchtet ist. Aus der Eröffnung heraus nahm Fabian einen Vorteil mit der immer größer wurde. Vor der Zeitkontrolle baute sich vor dem schwarzen König ein Angriff auf den Schmider nicht parieren konnte.
FM Benjamin Kienböck musste auf Brett 2 gegen IM Oliver Lehner seine einzige Niederlage in dieser Saison einstecken. Ähnlich wie an Brett 1 schaffte es Benjamin nicht so recht aus der Eröffnung herauszukommen, der Druck auf den b7 Bauern war extrem lästig. Benjamin versuchte seine Stellungsprobleme taktisch zu lösen, landete dadurch jedoch in einem Endspiel mit zwei Minusbauern.
Emilian Hofer sah sich in der Tarrasch Variante der französischen Verteidigung mit einem extravaganten frühen Bauernsturm des a-Bauern seines Gegners FM Ludwig Deglmann konfrontiert. Als Emilian die Lage zu stabilisieren schien, gelang Deglmann mit einem elegantes Manöver den berüchtigten weißfeldrigen "Franzosenläufer" abzutauschen. Als Folge entwickelte Deglmann eine starke Initiative, die Emilian einen Bauern und später die kostete.
FM Fabian Matt (Bild vom Freitag) erwiderte die katalanische Eröffnung seines Gegner Moriz Binder mit einer aggressiven Stonewall Struktur. Fabian versuchte am Königsflügel die Initiative mit einem Bauernsturm an sich zu reißen, verblieb jedoch selber mit Schwächen vor seinem König. Fabian sah sich gezwungen eine Qualität zu geben, die Partie konnte er dadurch aber nicht mehr retten.
War am Vortag FM Nikolas Pogan das Spielglück hold, war Caissa dieses Mal seinem Gegenüber wohlgesonnen. Hansjörg Blaas war wohl innerlich, nach einer druckvollen Partie von Nikolas, schon damit beschäftigt sich mit einer Niederlage abzufinden als Nikolas einen Turm einstellte.
Am letzten Brett hatte Dario Bischofberger (Bild vom Freitag) Michael Gruber als Gegner. Der Schreiber dieser Zeilen kennt eigentlich beide Spieler als stocksolide, er erwarte sich eine Partie Beton gegen Granit. Gruber hatte jedoch andere Pläne, er griff aus der Eröffnung heraus den schwarzen König an. Nachdem ein Sturm des h-Bauern nicht unerfolgreich blieb, schickte er auch - den seinen König beschützenden - g-Bauern ins Spiel. Dies stellte sich aber sehr schnell als entscheidender Fehler heraus, der weiße König stand viel zu ungeschützt da.
Wie am Tag zuvor hieß es 2-4 gegen die Emser, mit etwas mehr Spielglück wäre auch ein Mannschaftspunkt im Rahmen des Möglichen gewesen.
IM Fabian Bänziger, FM Benjamin Kienböck und IM Guntram Gärtner beim Fachsimpeln.
Zum Abschluss ging es gegen Jenbach. Der frühere Serienmeister stieg mit Ende der Vorsaison freiwillig aus der 1. Bundesliga ab, hatte aber immer noch eine sehr starke Mannschaft aufgeboten und ging als Favorit gegen Hohenems in die Schlussrunde.
Bei der Partie von IM Fabian Bänziger (vorne rechts) gegen GM Philipp Schlosser (vorne links) entwickelte sich sehr rasch ein Endspiel mit leichten Vorteilen für den Großmeister. Fabian behielt aber die Ruhe und gab dem Großmeister keine Möglichkeiten zur Verbesserung der Stellung. Ein Remis war die logische Folge.
FM Benjamin Kienböck ließ sich, wie schon die ganze Saison, nicht von Elozahl oder Titeln (sein Gegner hieß an diesem Tag IM Michael Fedorovsky) beeindrucken und spielte mit Weiß von Anfang an auf Sieg. Chancen waren in der komplexen Partie für beide Seiten vorhanden (Benjamin hatte einen weit vorgestoßenen Bauern auf c6, sein Gegner Spiel gegen Benjamins König), aber Benjamin war besser darin seine Trümpfe auszuspielen. Als sich Fedorovsky entscheiden musste entweder eine Figur herzugeben oder Benjamins Freibauern in eine Damen umwandeln zu lassen, entschied er sich zur Aufgabe.
Einen schweren Stand hatte Emilian Hofer (Bild) mit seiner Caro-Kann Verteidigung gegen FM Johannes Lerch. Ihm gelang nie so wirklich der Ausgleich und wurde in der Folge immer weiter und weiter zusammengedrückt. Irgendwann ging ein Funktionsbauer verloren und die schwarze Stellung krachte völlig zusammen.
Die längste Partie des Tages spielte FM Fabian Matt gegen IM Thomas Reich. Fabian verlor einen Bauern, es schien nicht klar, ob er davor genügend Kompensationen hatte. Reich ließ den entscheidenden Stoß in Richtung weißen König aus, es blieb ein Turmendspiel mit Minusbauern für Fabian übrig. Einmal mehr bewies sich Siegbert Tarraschs Weisheit, dass alle Turmendspiele Remis sind.
Eine wirre Partie entwickelte sich bei FM Nikolas Pogan gegen FM Stefan Moroder. Der Computer bevorzugte Nikolas Stellung, rein materiell schien am Ende ein Gleichgewicht entstanden zu sein, weshalb sich die beiden Spieler auf eine Punkteteilung einigten.
Leon Nussbaumer (Bild) und Wilfried Höllrigl folgten in der alten Hauptvariante der Najdorfvariante der sizilianischen Verteidigung lange der Theorie. Erst der 14. Zug von Weiß wich den bekannten Pfaden ab. Die Stellung war lange völlig unklar. Auch nach Höllrigls Qualitätsopfer zu Gunsten eines Königangriffs gab es Chancen für Leon. Beide Seiten hatten die Möglichkeit mit einem Königsangriff die Partie für sich zu entscheiden, der lachende Sieger war am Schluss der Tiroler, der Leons König in der Mitte des Brettes Matt setzen konnte.
Das Endresultat war 2.5-3.5.
Das Schiedsrichterteam International Arbiter Stephan Hofer (links), Simon Heinrici (mitte) und National Arbiter Christian Leitgeber (rechts) hart am Arbeiten.
Wie schon einfangs erwähnt hießen die drei Niederlagen einen Rückfall von Rang 1 auf Rang 3. Nachdem das Hauptziel der Saison "mit dem Abstieg nichts zu tun haben" hieß, kann dieser Rang aber mehr als nur als ein Erfolg betrachtet werden. Der überragende Spieler der Saison auf Emser Seite war FM Benjamin Kienböck, dessen 9.5 Punkte in 11 Runden und eine Eloperformance von 2546 ganz locker zu seiner ersten IM Norm ausreichten. Auch IM Fabian Bänziger lieferte an Brett 1 mit 6.5 Punkten in 9 Runden eine tolle Saison mit einer Performance von über 2500 Elo ab.
Der Meistertitel ging an die Tiroler Mannschaft Schach ohne Grenzen, auf den Abstiegsrängen landeten ASK Salzburg, Ranshofen und Bregenz. Sowohl Ranshofen als auch Bregenz retteten sich aber auf Grund ihrer "Rückversicherungen" aus den Landesligen Salzburgs bzw. Vorarlbergs. Im Tirol wird der Aufsteiger aller Wahrscheinlichkeit nach die zweite Mannschaft von Schach ohne Grenzen sein, während aus der 1. Bundesliga Royal Salzburg absteigen wird.
In der eingangs erwähnten 2. Damenbundesliga-West gewann die zweite Dornbirner Mannschaft alle drei Wettkämpfe und holte sich den Titel. Maßgeblichen Anteil an dem Titel hatte die Emserin Aydan Bas (Bild oben), die alle drei Partien gewann.
Als Teil des Rahmenprogrammes gab es am Samstag einen Vergleichswettkampf in den Kategorien Schüler, Jugend und Senioren zwischen Vorarlberg, Liechtenstein, der Schweiz und Deutschland, bei denen auch eine ganze Reihe an Hohenemser Spieler teilnahmen:
Helmut Cyris
Josef Schneider
Kurt Kaufmann
Renato Frick (rechts, Teil der Liechtensteiner Mannschaft)
Quelle der Bilder: Olga Kurapova
Detailergebnisse und Partien: