Die abschließenden Runden der 2. Bundesliga West 2023/24 fanden zum 19. bis zum 21. April im Atrium der Firma OMICRON in Klaus statt. Einem Sieg gegen den SK Pradl folgten knappe Niederlagen gegen die SPG Kufstein/Wörgl und Jenbach 2.
Am Freitag ging es gegen den SK Pradl (Innsbruck), ein Verein, der enge Verbindungen zu Vorarlberg pflegt. So waren zwei Spieler, die an diesem Tag für Hohenems an den Brettern saßen, in der Vergangenheit für Pradl aktiv (Philipp Lins und Leon Nussbaumer).
An Brett 1 hieß das Duell "Matt gegen Matt". FM Fabian Matt (Hohenems) spielte mit Weiß gegen Stefan Matt (Pradl). In einer eher unorthodoxen Eröffnung opferte Fabian zwei Bauern für die er in etwa Kompensation hatte. Nach einem schnellen Übergang ins Endspiel änderte sich nichts an der materiellen Konstellation, ein isolierter Doppelrandbauer und immer noch vorhandener Entwicklungsrückstand gaben Fabian weiterhin gute Chancen. Einen Bauern holte sich Fabian auch zurück, der andere entwickelte sich jedoch zu Fabians Sargnagel.
Benjamin Kienböcks Gegner an Brett 2 hieß Johannes Sucher, der einzige gebürtige Vorarlberger (Lustenauer, genauer gesagt), der an diesem Tag für Pradl am Brett saß. Benjamin hielt Hannes König lange im Zentrum, es schien nur eine Frage der Zeit bis die weiße Stellung zusammenbrach. Jedoch genau das passierte nicht. Irgendwann wurden die Damen getauscht und es entstand ein hochkomplexes Leichtfigurenendspiel. Im 40. Zug hatte Benjamin Glück, Suchers Freibauer hätte "ungespitzt" durchlaufen können, doch dieser ließ seine Chance verstreichen. Etwa zehn Züge später hatte dann Benjamin die gleiche Möglichkeit und er ließ sich nicht zwei Mal bitten.
Julian Kranzl hatte am dritten Brett mit seinem Gegner Houssni Maras wenig Probleme. Bereits in der Eröffnung baute er großen Druck auf. Nach 22 Zügen sah sich Maras gezwungen die Dame für zwei Springer und Läufer zu geben, kein ausgewogener Tausch. Nachdem Julian wenige Züge später eine weitere Figur gewann, streckte der Marokaner im Dienste der Innsbrucker seine Waffen.
Beim ersten von zwei Duellen "Pradl gegen Pradl" bekam es Hohenems Vizeobmann Philipp Lins mit dem Pradler Urgestein Christian Praxmarer zu tun. Die beiden haben sicher schon hunderte Blitzpartien in Johannesstüberl und Co gegeneinander gespielt. Die Turnierpartie verlief zuerst relativ ausgeglichen. Praxmarer hatte einen gewissen aber nicht entscheidenden positionellen Vorteil. Philipp opferte kurz vor der Zeitkontrolle Qualität für zwei Bauern, die Partie war nun auf Messers Schneide. Gewinnchancen konnten sich beide ausrechnen, schließlich wurde aber die Friedenspfeife geraucht.
Kai Steiners Gegner war der langjährige Pradler Obmann Hannes Niedermair. In der Eröffnung brachte Niedermair die eher selten gewählte Aljechin Verteidigung an Brett. Nach einem frühen, vielleicht nicht ganz genauen Damenausflug Kais konnte Schwarz schnell ausgleichen. Die Partie blieb ruhig, Figur um Figur wurde abgetauscht und die erstmögliche Chance zu einer Remisvereinbarung genutzt.
An Brett 6 spielte Leon Nussbaumer gegen Marco Schranzhofer. Nach einem ungenauen Abtausch konnte Leon das Zentrum völlig für sich in Anspruch nehmen. Nach einem Übergang ins Endspiel stürmte Leons König ins Zentrum, Schranzhofer war zur passiven Verteidigung verurteilt. Zuerst fiel ein Bauer Schranzhofers nach dem anderen, sozusagen ein Nordtiroler Bauernsterben, dann rannte ein Vorarlberger Bauer durch.
Das Gesamtergebnis am Freitag hieß damit 4-2.
Der Gegner am Samstag hieß Spielgemeinschaft Kufstein/Wörgl. Am Spitzenbrett saß FM Fabian Matt FM Volker Seifert gegenüber. Nach einer klassischen Behandlung des abgelehnten Damengambits entstand die sogenannten Karlsbader Bauernstruktur, bei der die d-Bauern so abgetauscht werden, dass auf weißer Seite mit dem c-Bauern zurückgeschlagen wird und der schwarze Spieler mit dem e-Bauern nimmt. Es kam zu den für diese Struktur typischen positionellen Manövern. Weiß hatte vielleicht die symbolisch bessere Stellung, ernsthaften Druck konnte Seifert aber keinen ausüben, wodurch es zu einem logischen Remis kam.
Benjamin Kienböck spielte gegen FM Siegfried Neuschmied. Benjamin ging gegen Neuschmieds Pirc-Verteidigung ultra aggressiv vor, im sechten Zug kam die große Rochade und im siebten Zug setzte er mit einem direkten Bauernvorstoß das Brett in Flammen. Beide Spieler verbrauchten viel Zeit um die Verwicklungen durchzurechnen. Für die Zuschauer wirkte es, als ob Benjamin die Stellung im Griff hatte, der Computer sah die Stellung jedoch im Gleichgewicht (sofern das Wort "Gleichgewicht" in solch einer Stellung angebracht ist). Irgendwann war es dann Benjamin, der den Faden verlor und Neuschmied fand die richtigen Züge. Mit zwei Figuren weniger musste Benjamin die Fahnen streichen.
Julian Kranzl bekam es mit FM Jochen Maurer zu tun. Aus der Eröffnung heraus resultierte eine geschlossene Stellung, in der lange herummanövrierte wurde, bevor sich Maurer entschloss die Stellung zu forcieren. Kurz vor der Zeitkontrolle unterlief Julian leider ein folgenschwerer Fehler. Es übersah, dass nach dem Abtausch ins Leichtfigurenendspiel Maurer mit mehreren Springerzügen mit Tempo einen entscheidenden Bauern gewinnen konnte. Der deutsche FM spielte die Partie sicher zu Ende.
In Emilian Hofers Partie gegen FM Alexander Dehlinger kam die Sveshnikov Verteidigung in der Sizilianischen Verteidigung ans Brett. Schwarz konnte hier schnell komplett ausgleichen und es kam zu einem Generalabtausch. Nach 32 Zügen blieben nur noch ungleichfarbige Läufer am Brett, bei symmetrischer Bauernstruktur, ergo einigte man sich auf Remis.
Philipp Lins steuerte den einzigen Sieg des Tages bei, gegen Moritz Monninger. Nachdem Philipp geschickt die Rochade verzögerte - Weiß hatte früh groß rochiert - konnte er schnell einen Angriff auf den weißen König starten. Einstweilen konnte Philipp sich keinen entscheidenden Vorteil herausarbeiten, blieb jedoch ständig am Drücker. Um die Zeitkontrolle herum schien sich das Blatt zu wenden, Weiß konnte seine Türme gut koordiniert in den Angriff schicken. Monninger hätte sich wohl aber mit Remis zufrieden geben müssen (der eigene König war zu offen um Dauerschach zu verhindern), rannte jedoch in einen tödlichen Mattangriff hinein. Mit einem schönen geometrischen Motiv konnte Philipp die Dame und damit die Partie gewinnen.
Fabian Ferster setzte seinen Gegner Jonas Engesser früh unter Druck. Der schwache, rückständige d-Bauern Engessers wurde aber wohl durch die Aktivität seines Läufers und Fabians Königsschwäche ausgeglichen. Es entstand ein spannendes Endspiel Turm + Springer gegen Turm + Läufer, bei dem beide Spieler korrektes Schach zeigten und die Engine mit ihren Zügen zufrieden stellen konnten. Nach 55 Zügen war - neben den beiden Königen - nur noch Engessers Läufer am Brett, also Remis.
Das Endergebnis lautete 2.5-3.5, bei etwas mehr Spielglück an den Brettern 2 und 3 hätte das Ergebnis aber gut auch umgekehrt lauten können.
Zum Saisonabschluss ging es gegen Sparkasse Jenbach II. Der Wettkampf sollte sich als von Schwarz dominiert herausstellen.
Benjamin Kienböcks (für diese Runde ans Spitzenbrett gewandert) Gegner IM Michael Fedorovsky zeigte, dass er auch am Sonntagmorgen auf Kampf eingestellt war und wählte die sogenannte Drachenvariante in der Sizilianischen Verteidigung. Benjamin ließ sich einstweilen von der scharfen Eröffnungswahl nicht beindrucken. Im 20. Zug schnappte er sich einen schwarzen Bauern, eine Entscheidung, die sich als falsch herausstellen sollte. Fedorovsky riss die Initiative an sich und überrannte Benjamins Königsstellung völlig. Als eine Figur verloren ging, gab Benjamin auf.
Julian Kranzls Gegner FM Johannes Lerch ließ es eröffnungsmäßig ruhiger angehen. Er wählte das langsame Colle-Zukertort System. Julian hatte die Partie schnell im Griff, riss die Initiative mit einem Bauernvorstoß am Königsflügel an sich. Entscheidendes passierte aber nicht so schnell. Im 33. Zug sah sich Lerch gezwungen die Qualität für einen Bauern zu geben. Die Kompensationen waren aber nicht ausreichend, irgendwann hatte Julian sogar eine ganze Figur mehr. Lerch war nicht sofort gewillt aufzugeben, erst als ein weiterer Bauer fiel hatte er genug gesehen.
Auch Emilian Hofers Gegner IM Thomas Reich setzte auf die Drachenvariante, sogar in der beschleunigten Version. Emilian nutzte die Zugumstellung aus um eine Maróczy Struktur aufbauen, bei der Weiß mit Bauern auf c4 und e4 das Zentrum komplett in Schach hält. Es entwickelte sich eine lange Theorieschlacht bei der Emilian im 21. Zug daneben griff. Er erlaubte Reich Initiative am Damenflügel, die Emilian schließlich einen Bauern kostete. Emilians Hoffnung lag im Läuferpaar, es sah auch so aus, als ob er gewisse Kompensationen für den Bauern hatte. Im 40. Zug hatte Emilian eine schwere Entscheidung zu treffen: sollte er in ein Endspiel Turm gegen Läufer und Springer gehen oder besser sein Heil im Turmendspiel mit Minusbauern suchen? Die erste Option wäre die richtige gewesen, Emilian entschied sich bei knapper Zeit für zweiteres. Er verlor einen weiteren Bauern und überschritt im 64. Zug in aussichtsloser Situation die Zeit.
Philipp Lins Gegner FM Herbert Wohlfahrt hielt nichts davon Bedenkzeit zu investieren. Philipp formulierte es nach der Partie so: "ich war vom ersten Zug an in Zeitnot". Das aus der Eröffnung heraus entstandene späte Mittelspiel schien Wohlfahrt auf Grund Läuferpaar gegen Springerpaar auch die besseren Chancen zu bieten. In sehr angenehmer Stellung unterlief Wohlfahrt aber ein gröberer Patzer und er verlor eine Qualität. Die Stellung war aber weiters - auch auf Grund Philipps inzwischen tatsächlich vorhandener Zeitnot - nicht trivial. Philipp behielt jedoch einen kühlen Kopf und brachte einen Bauern durch.
Fabian Ferster überspielte seinen Gegner FM Stefan Moroder komplett. Irgendwann hatte Fabian einen Mehrbauern und Initiative. Größere Materialverluste Moroders schienen nur eine Frage der Zeit. So hätte Fabian im 19. Zug einfach eine Figur wegschlagen können. Fabian war an diesem Tag aber etwas zu gierig und ging auf Damenfang, übersah dabei aber einen Zwischenzug, den ihn Qualität und Partie kostete.
Am letzten Brett versuchte Kai Steiner seine offene Rechnung mit MK Wilfried Höllrigl zu begleichen: letztes Jahr ließ Kai (in einer ohnehin gewonnenen Stellung) im Bregenzer Open gegen Höllrigl die Chance auf Matt in 1 aus und verlor sogar noch. Auch an diesem Tag hatte zuerst Kai klares Überwasser. Er konnte einen "ewigen" Springer auf c5 platzieren und zwang Höllrigl zu einem (nicht ausreichenden) Figurenopfer. Kai hatte eine Mehrfigur für nur zwei Bauern. Hätte Kai die Partie normal weitergespielt, er hätte sicher gewonnen. Kai versuchte aber die Partie taktisch zu beenden, rannte dabei leider in eine sehr unangehme Fesselung hinein, die mehrere Bauern kostete. Das Endspiel Turm + Springer gegen Turm + drei Bauern, schien zwar immer noch haltbar zu sein, Kai fand aber die erhoffte Möglichkeit den Springer für zwei Bauern zu geben nicht vor, und die Bauern rückten immer weiter nach vorne und waren schließlich nicht mehr zu halten. Es war dies der einzige Weißsieg bei fünf Schwarzsiegen in diesem Wettkampf.
Es blieb eine 2-4 Niederlage, die auf Grund der Möglichkeiten auf den letzten zwei Brettern doppelt weh tat.
Hohenems beendet die Saison 2023-24 auf dem siebten Rang. Topscorer war Benjamin Kienböck mit 6 Punkten in 9 Runden. Hohenems brachte 15 verschiedene Spieler ans Brett, mehr als alle anderen Mannschaften in dieser Saison.
Meister wurde völlig überraschend Royal Salzburg, die alle 11 Runden gewannen, so auch im entscheidenden Duell in der allerletzten Runde gegen SK Absam. Absam war in dieser Begegnung der nominell klare Favorit, Royal hatte den Wettkampf aber immer unter Kontrolle und gewann sogar 3.5-2.5 (Royal hätte auch ein 3-3 zum Meistertitel ausgereicht). Auf den vier Abstiegsrängen landeten Ranshofen, Lustenau, Bregenz und Pradl. Ranshofen und Bregenz werden jedoch auf Grund der jeweiligen Landesligen die Klasse halten. Aus Tirol steigt Schwaz auf. Aus der ersten Bundesliga herunter kommen Schach ohne Grenzen, Götzis und Jenbach - der mehrfache Meister (und Vizemeister der Saison 2023-24) verzichtet auf ein Antreten in der Saison 2024-25.
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