Vom 3. bis zum 6. November fand in Jenbach der Auftakt der 1. Bundesliga Saison 2022/23 statt. Und wie zuvor schon zu erwarten war ist die Liga vielleicht stärker denn je und für Hohenems 1 gibt es nur ein mögliches Saisonziel: Klassenerhalt, und selbst dies dürfte eine sehr schwierige Aufgabe werden. Aus dem Tirol wurden zwei Mannschaftspunkte mit nach Hause gebracht, vielleicht hätte man mit drei bis vier spekulieren können. An der Spitze finden sich Mannschaften die nur mit Großmeistern angetreten sind, dabei sogar der eine oder andere Weltklassemann. Das neue Superteam aus Linz etwa trat mit klingenden Namen wie Maxime Vachier-Lagrave (Frankreich, vor ein paar Jahren sogar Nummer 2 der Welt), Kirill Alekseenko (Russland, Teilnehmer des Kandidatenturniers 2019), Andrey Esipenko (Russland) oder Parham Maghsoodloo (Iran) an. St. Veit war mehr oder weniger mit dem kroatischen Nationalteam am Start. Jenbach wiederum vertraut auf die deutschen Spitzenspieler Matthias Blübaum, Rasmus Svane und Alexander Donchenko. Alle genannten Mannschaften traten ausschließlich mit Großmeistern an. Hohenems dagegen war "nur" mit einem Großmeister dabei.

Zum Auftakt bekam man es mit Grieskirchen zu tun, eine der wenigen Mannschaften, gegen die man nominell nicht klar unterlegen ist (in diesem Fall sogar leichter Favorit war). An den Brettern entwickelte sich ein völlig offener Wettkampf: IM Fabian Bänziger und Neuzugang IM Nicolas Brunner konnten mit Weiß keinen Vorteil herausholen, bei der erstmöglichen Chance (nach dem 30. Zug) wurden die Partien Remis gegeben. IM Dennis Breder entschied sich in einer hochkomplexen Stellung bei (wie bei Dennis üblich) knapper Bedenkzeit zur Annahme der Zugwiederholung. Teamkücken Benjamin Kienböck brach den Bann: gegen den deutschen FM Lentrodt konnte er mit Weiß starken Druck aufbauen. Nach einem "automatischen" Qualitätsopfer brach die schwarze Stellung zusammen, als der Übergang in ein total verlorenes Endspiel nicht vermeidbar war, gab Lentrodt auf. Am Spitzenbrett gab GM Eduardas Rozentalis mit Schwarz in der Eröffnung zwei Bauern für viel Spiel her. Sein Gegner, GM Haba, entschied sich einen Bauern zurück zu geben, das entstehenden Endspiel schien auf Grund der schwarzen Aktivität gut haltbar zu sein. Ganz leicht war es für Ed nicht, schlussendlich konnte er aber den halben Punkt festhalten. Blieb IM Valery Atlas Schwarzpartie. Valery spielte mit sein von manchem Emser Coach schon verfluchte Altindisch. Die Partie schien einige Male an der Kippe zum weißen Sieg zu sein, in einem komplexen Endspiel (das der Computer als gewonnen für Weiß eingestuft hat), griff Valerys Gegner IM Kilgus aber daneben. Es hätte sich sogar noch die Chance auf einen Sieg von Valery geboten, Valerys Lösung am Brett reichte aber zu einem Remis und zu einem knappen 3.5-2.5 Auftaktsieg.

Bericht des Mannschaftsführers Marcel Bänziger:

Grieskirchen war praktisch in Bestbesetzung angetreten, sodass wir mit einem knappen Ergebnis rechnen konnten. An den ersten fünf Brettern waren wir leicht besser aufgestellt ausser an Brett 6, wo unser 16-jährige Nachwuchsspieler Benjamin Kienböck mit 74 Elo weniger gegen FM Thomas Lentrodt antreten musste. Benjamin liess sich von dieser Ausgangslage nicht beeindrucken und spielte mit Weiss eine ausgezeichnete Partie und buchte den wichtigen Sieg für unsere Mannschaft, BRAVO Benjamin. Mit 5 Remis und 1 Sieg konnten wir erfolgreich in die neue Saison starten.

Am nächsten Tag stand das Derby gegen Götzis auf dem Programm. Nominell war der Wettkampf in etwa ausgeglichen. Als erster beendete Valery seine Partie gegen IM Krassowizkij, kurz nach der Eröffnung wurden die Züge wiederholt. Ed bekam es am Spitzenbrett mit dem schweizer GM Georgiadis zu tun. Auch hier wurden die Punkte in einer ereignislosen Partie schnell geteilt. Nicolas hatte mit Schwarz keinerlei Probleme, allerdings reichte es auch nicht seinen Gegner FM Richter in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen, auch hier war ein Remis das logische Ergebnis. Auch Benjamin hatte mit Schwarz gegen FM Neyman schnell eine angenehme Stellung. Benjamin entschied sich eine Figur für drei Bauern zu geben - eine mutige aber durchaus gangbare Möglichkeit. Leider griff er in knapper werdender Zeit danach ein paar Mal daneben, die Folge war ein leider komplett verlorenes Endspiel. Ein Blick auf die verbliebenen Partien verhieß nichts Gutes. Fabian kam in der Moskauer Variante gegen FM Kölle etwas unter Druck, das entstehenden Endspiel sah der Computer zwar als haltbar an, aber die Stellung war sicher sehr schwer zu verteidigen, zu schwer, wie sich leider zeigen sollte. Zum Abschluss konnte Dennis gegen FM Deuer den "Ehrensieg" holen, vor der Zeitkontrolle konnte er sich einen Bauern einverleiben, das Endspiel brachte er in 87 Zügen nach Hause. Zu einem Mannschaftspunkt reichte das aber nicht mehr, es blieb ein bitteres 2.5-3.5.

Bericht des Mannschaftsführers Marcel Bänziger:

In dieser Runde gegen Götzis waren die Voraussetzungen gegenüber dem Vortag gegen Grieskirchen genau umgekehrt. Leider hatten wir zwei Partien verloren (IM Fabian Bänziger + Benjamin Kienböck) und somit wurden wir, trotz dem Sieg von IM Dennis Breder an Brett 5, im Vorarlberger-Duell knapp geschlagen.

Ganz dick kam es am Samstag gegen Maria Saal. Lange Zeit schien eigentlich ein Mannschaftspunkt im Bereich des möglichen zu sein, nach drei Stunden kippte aber eine Partie nach der anderen in Richtung der Kärntner. Völlig chancenlos war leider Ed am Spitzenbrett gegen Österreichs Nummer 1 GM Markus Ragger. Ed spielte die russische Verteidigung etwas zu passiv, Ragger schaffte es Druck aufzubauen und konstant hoch zu halten. Ed konnte sich zwar in ein Turmendspiel retten, aber leider sind halt nicht alle Turmendspiele Remis. Fabian spielte gegen GM Naumann - lange Jahre selber für Hohenems aktiv - mit Weiß sehr druckvoll, die Partie schien mehrere Male kurz davor endgültig in unsere Richtung zu kippen, aber Naumann verteidigte auch stark wodurch eine Punkteteilung resultierte. Valery hatte gegen IM Roseneck einen sehr scharfen Sizilianer am Brett in dem alle drei Ergebnisse möglich schienen. Leider fand er bei knapper Zeit kurz vor der Zeitkontrolle nicht den einzig rettenden Zug und musste kurz darauf aufgeben. Nicolas kam mit riesem Vorteil gegen FM Bauer aus der Eröffnung. Nachdem er zwei Türme und Leichtfigur für Dame holte, schien der Sieg eigentlich nur noch Formsache zu sein, leider verlief ab da die Partie wie auf einer schiefen Ebene, Nicolas musste bald eine Figur für zwei Bauern gegeben und nachdem er den erwähnten zweiten Bauern nicht geschlagen hatte, entschied seine schwache Königsstellung zu seinen ungunsten die Partie. Dennis hatte mit Schwarz gegen IM Handler lange keine wirklichen Probleme, kurz vor dem 40. Zug übersah er aber eine weiße Drohung, nachder die Partie praktisch sofort verloren war. Eine ordentliche Stellung hatte auch FM Dmitry Atlas bei seinem Saisondebut gegen IM Halvax. Leider wiederholte sich das Schicksal des letzten Brettes vom Vortag: ohne Not aber auch nicht inkorrekt entschied sich Dmitry für ein Figurenopfer zu Gunsten von drei Bauern und auch hier folgten ein paar Ungenauigkeiten die in einem verlorenen Endspiel endeten. Es blieb damit ein ernüchterndes 0.5-5.5, das angesichts des Wettkampfverlaufes ein Schlag in die Magengegend.

Bericht des Mannschaftsführers Marcel Bänziger:

In dieser Runde war die «Schach-Fee» sicher nicht auf unserer Seite, obwohl die Partien lange Zeit ausgeglichen waren, kippten die Partien alle auf die Seite von Maria-Saal. Ausgenommen IM Fabian Bänziger konnte als einziger ein Debakel von 6:0 verhindern. Trotzdem war dies die höchste Niederlage seit Jahrzehnten für Hohenems ☹!

Am Sonntag hatte man es mit St. Veit zu tun, wie Eingangs schon erwähnt mehr oder weniger mit dem kroatischen Nationalteam am Start. Das Ziel konnte von Anfang an nur Schadensbegrenzung heißen und diese gelang durchaus. Ed remisierte gegen die Nummer 67 der Welt, GM Saric, das Turmendspiel sah zwar etwas besorgniserregend aus, aber diesem Mal behielt Dr. Tarrasch Recht - "Alle Turmendspiele sind Remis". Fabian schien mit Schwarz gegen GM Brkic sogar Gewinnchancen zu haben, leider stellte er einen Springer ein. Es blieb ein Endspiel Dame und zwei Bauern gegen Turm und drei Bauern und die Bauernstruktur war so, dass sich Fabian eine Festung aufbauen konnte. Nach 90 Zügen stellte Brkic die Gewinnversuche ein. Valery opferte mit Weiß gegen GM Livaic eine Qualität - mit dem Versuch über die Bauernstruktur Kompensationen zu erhalten. Irgendwann gelang Schwarz dann aber doch der Durchbruch und holte den vollen Punkt. Nicolas kam gegen GM Kuljasevic schnell unter Druck und landete in der unangenehmen Endspielkonstellation Turm + Läufer gegen Turm + Springer - bei Mehrbauern für den Großmeister. Nicolas versuchte sich gegen die Niederlage zu stemmen, schließlich aber erfolglos. Für einmal ziemlich unter die Räder geriet Dennis gegen GM Bosiocic, klar vor der Zeitkontrolle musste er mit Weiß die Waffen strecken. Eine starke Partie spielte Dmitry am letzten Brett mit Schwarz gegen GM Rogic. Mit Schwarz war er nie wirklich in Gefahr und nach 44 Zügen hatte der GM genug gesehen und willigte ins Remis ein. Das 1.5-4.5 war auf Grund der Voraussetzungen durchaus beachtlich.

Bericht des Mannschaftsführers Marcel Bänziger:

St. Veit mit 6 GM’s waren die klaren Favoriten in dieser 4. Runde. Trotz der klaren Niederlage vom Vortag zeigte unser Team Moral und Kampfgeist. Lange Zeit konnten die Partien ausgeglichen gestaltet werden und jeder Brettpunkt war für uns wichtig. Wie in der vergangenen Saison zeigte FM Dmitry Atlas erneut eine starke Partie und konnte gegen GM Davor Rogic ein beachtliches Remis erspielen.

Nach vier Runden findet sich Hohenems am 11. Rang. Ganz schwierig werden die nächsten vier Runden in Graz werden - hat man es doch mit Linz, Jenbach, Fürstenfeld und Feffernitz zu tun. Der Weg zum Klassenerhalt führt wohl über die Schlussrunden in Linz gegen Ottakring, Schach ohne Grenzen (eine Tiroler-Bayrische Spielgemeinschaft) und tschaturanga (Wien).

Resümee des Mannschaftsführers Marcel Bänziger:

Hohenems 1 steht nach dem ersten Bundesliga-Wochenende mit 2 Mannschaftspunkten und 8 Brettpunkten auf dem 11. Platz. Die hohe Niederlage in der 3. Runde gegen Maria-Saal hat uns viele Brettpunkte gekostet (9. Platz Maria-Saal mit 2 Mannschaftspunkten und 12 Brettpunkten).

Die Strategie für die nächsten beiden Wochenenden werden wir anpassen müssen um das Ziel «Verbleib in der 1. Bundesliga» zu erreichen.

Tabelle, Detailergebnisse und Partien