Vom 23.09. bis zum 25.09. fanden in den Klubräumlichkeiten die Vorarlberg-internen Runden der 2. Bundesliga West 2022/23 statt. Für die zweite Hohenemser Mannschaft verliefen diese Runden durchaus erfreulich: nach einem 3-3 Unentschieden gegen Bregenz, den Absteiger aus der 1. Bundesliga, am Freitag folgten 5-1 Siege gegen Dornbirn und Lustenau am Samstag und Sonntag.
Die Spieler an den vorderen Brettern eines Schachwettkampfes werden manchmal scherzhaft als Stürmer und die Spieler an den hinteren Brettern als Verteidiger bezeichnet. Wenn man diese Nomenklatur verwenden will, dann hielt die Abwehr gegen Bregenz dicht während der Angriff erfolglos blieb. Die drei Brettpunkte der Hohenemser resultierten aus drei Siegen auf den Brettern vier bis sechs während auf den ersten drei Bretter nichts Zählbares erreicht werden konnte. Der Reihe nach:
Kai Steiner brachte Hohenems 2 in Führung. Er opferte unabsichtlich gegen Alexander Moosbrugger früh einen Bauern, hatte dafür aber durchaus Kompensationen. Nachdem Moosbrugger einen Springer - der seine Stellung festigte - gegen einen Läufer abtauschte brach seine Stellung schnell zusammen. Kai beendete die Parte mit einem schönen Turmopfer.
Für den Bregenzer Ausgleich sorgte IM Henryk Dobosz gegen den Emser Neuzugang FM Fabian Matt. Fabian stand nach der Eröffnung etwas schlechter, er behielt in einer langen forcierten Abwicklung jedoch die Übersicht und konnte in ein scheinbar totes Remisendspiel abwickeln. Als sich die Zuschauer schon fragten, wieso Dobosz noch weiter spielt unterlief Fabian ein Fehler im Bauernendspiel, für den er, laut eigener Aussage, "von der FIDE Polizei festgenommen hätte werden müssen".
Benjamin Kienböck brachte Hohenems erneut in Front. Sein Gegner Christian Kozissnik wählte die französische Verteidigung. In einer scharfen Variante spielte Kozissnik den einen oder anderen etwas langsamen Zug, was Benjamin schnell Kontrolle über das Spielgeschehen gab. Benjamins Gegner spielte jedoch daraufhin recht kreativ mit Schwarz und die Partie stand zeitweise auf Messers Schneide. Bei knapper werdender Zeit behielt Benjamin jedoch die Übersicht und die schwarze Stellung fiel komplett auseinander.
Kapitän Philipp Lins sorgte für das 3-1. Seine Partie gegen Markus Neidlinger war ein ständiges Auf und Ab. Nach der Eröffnung konnte Philipp sehr zufrieden sein. Nach einem unvorsichten Abtauscht kippte der Vorteil allerdings in Richtung Bregenz. Plötzlich hatte nur der Weiße Spiel und entwickelte einen bedrohlich anmutenden Königsangriff. Bei einsetzender Zeitnot revanchierte sicht Neidlinger jedoch, er gab zuerst einen starken Läufer für einen Springer her und versuchte dann mit einem Bauernopfer die schwarze Stellung zu sprengen, was sich jedoch als Schuss nach hinten entpuppte. Vor der Zeitkontrolle brach Philipp seinerseits durch was großen Materialgewinn zur Folge hatte. Philipp brachte die Partie dann souverän nach Hause.
Am Spitzenbrett bekam des IM Dennis Breder mit GM Vitaly Kunin zu tun. Es entwickelte sich das nur allzu bekannte Muster bei Dennis: hochkomplexe Stellung, wenig Zeit. Dennis opferte einen Bauern für den er jedoch mit Läuferpaar, luftiger weißer Königsstellung und schlecht koordinierten gegnerischen Leichtfiguren mehr als nur Kompensationen hatte. Kurz vor der Zeitkontrolle gab es ein "stilles Remisangebot" von Kunin - er wiederholte die Züge. Es war unklar, ob er (in schlechterer Stellung) weitegespielt hätte, wenn Dennis die Zugwiederholung weiter gemacht hätte. Jedoch wich Dennis selber ab. Nach dem 40. Zug kippte die Partie jedoch zu Gunsten des Großmeisters. Er gewann einen weiteren Bauern und begann seine Mehrbauern in Richtung gegnerischen Grundreihe durchzudrücken. Kurz schien es als ob Kunin diese eingestellt hätte, jedoch hatte er weiter gerechnet und konnte die Partie mit einem schönen Scheinopfer für sich entscheiden.
Als letzter Emser Spieler kämpfte Johannes Mundorf. Er schnappte sich früh gegen FM Anvar Turdyev einen Bauern, für den Johannes Gegner jedoch gewisse Kompensationen hatte. In einer Kopie des Spitzenbrettes wurden auch hier die Züge einige Male wiederholt - mit dem Unterschied, dass Johannes, hätte er das gewollt, Remis reklamieren hätte können. Er entschied sich jedoch (nicht ganz entgegen der Stellung) zum Weiterspielen. Drei Züge später unterlief ihm leider ein Malheur was ihn Dame für Turm und Läufer kostete. Rein materiall herrschte zwar Gleichgewicht auf dem Brett, Johannes Turm und Springer waren jedoch nicht ausreichend koordiniert. Er kämpfte zwar noch lange weiter, im 81. Zug musste er jedoch die Waffen strecken.
Am Samstag hieß der Gegner Dornbirn. Nachdem Dornbirn einige im Kader befindliche Routiniers nicht einsetzte, war Hohenems auf dem Papier doch Favorit. Der 5-1 Sieg am Schluss täuschte jedoch über der Wettkampfverlauf hinaus:
FM Fabian Matt beendete als erster seine Partie. WFM Julia Novkovic, im Vorjahr noch selber für Hohenems im Einsatz, spielte den c3-Sizilianer nicht optimal. Da eine positionelle Schlappe drohte, suchte Julia ihr Heil im Angriff und verwickelte die Stellung. Damit war sie durchaus nicht unerfolgreich, die Partie schien plötzlich völlig offen. Fabian blieb aber ruhig und konnte sich einen Bauern nach dem anderen einverleiben und gleichzeitig einen Angriff auf den weißen König starten, ohne dass sein eigener scheinbar anfälliger König ernsthaft in Gefahr geriert.
Auch Johannes Mundorf machte es besser als am Vortag. Gegen Elia Cafasso verleibte er sich - analog zum Bregenzwettkampf - einen Bauern für Kompensation ein. Elia - auch er spielte im Vorjahr für Hohenems - bekam zuerst zeitliche und dann stellungsmäßige Probleme. Plötzlich drohten mehrere Springergabeln, die in Summe nicht befriedigend zu verteidigen waren. Zwei Züge vor dem Matt gab Johannes Gegner auf.
Die einzige Niederlage des Tages musste Jungstar Benjamin Kienböck gegen FM Heinz Grabher - lange selber für Hohenems aktiv - einstecken. Benjamin traf die ein oder andere strategisch ungünstige Entscheidung und hatte nach 16. Zügen einen Läufer der im Vorarlberger Schachjargon als "Grabherläufer" (ein Läufer, der hinter der eigenen Bauernkette feststeckt und (fast) keine Felder hat) bezeichnet wird, notabene gegen Heinz. Um der positionellen Niederlage zu entkommen versuchte Benjamin die Probleme taktisch zu lösen. Das Qualitätsopfer stellte sich jedoch als Rohrkrepierer heraus und Benjamin musste noch vor dem 40. Zug aufgeben.
Am Spitzenbrett spielte IM Dennis Breder gegen - wie könnte es anders sein - einen weiteren früheren Emser: IM Milan Novkovic. Dennis beschädige in der Eröffnung die weiße Bauernstruktur am Damenflügel, Weiß hatte als Kompensation das Läuferpaar. Milan gab einer der schwachen Bauern her und es schien als ob dies die richtige Entscheidung gewesen sein um die Partie in den Remishafen zu schiffen. Ausnahmsweise war Dennis mal nicht alleine in der Zeitnot, Milan schloss sich ihm an und tätigte dort mit der Abwicklung ins Leichtfigurenendspiel die falsche Entscheidung. Nach dem 40. Zug hatte Dennis einen gesunden Mehrbauern und Milan gab nach ein paar weiteren Zügen auf.
Das größte Drama des Tages spielte sich am letzten Brett ab. Philipp Lins wurde gegen die slawische Verteidigung in eine Theorievariante gedrängt in der sich sein Gegner, Christian Rüscher (der einzige Nicht-Ex-Emser in den Dornbirner Reihen), offenbar besser auskannte. Philipps Dame kam ziemlich auf Abwegen und er musste viel Zeit verbraten. Nach einem Abzugsangriff auf seine Dame griff der Emser Kapitän dagegen und verlor schließlich eine Figure für Nichts. Den Zuschauern wirkte es, als ob Philipp nur noch aus reiner Agonie weiterspielte. Irgendwie kam Philipps Gegner jedoch in Zeitnot und stellte im 40. Zug - dem letzten vor der Zeitkontrolle - die Figure zurück ein. Philipp hatte immer noch zwei Bauern weniger, allerdings für Kompensation. Nach so einem Bock ist normales Weiterspielen kaum mehr möglich und Christian Rüscher schoss zwei Züge später den nächsten "Bock", der ihn die Dame und den ganzen Punkt kostete.
Den Abschluss machte Emilian Hofer gegen Daniel Erwin-Casero (vor zwei Jahren im Emser Westligakader). In der Tschigorinvariante der spanischen Eröffnung übernahm Emilian nach und nach das Kommando. Kurz vor dem 40. Zug konnte Emilian nach langem Maneuvrieren einen Bauern schnappen. Ein paar Züge später gelang Emilian mit einer netten taktischen Abwicklung den Übergang in ein komplett gewonnes Endspiel. Nachdem er seinen Springer zu verlieren drohte, gab Daniel auf.
Am Sonntag hieß der Gegner Lustenau. Lustenau hatte die ersten beiden Wettkämpfe gewonnen, wodurch Hohenems 2 trotz leichter nomineller Überlegenheit gewarnt war. Auch hier gelang uns ein 5-1, das im Gegensatz zum Vortag auch in dieser Höhe verdient war:
Wieder war es FM Fabian Matt, der Hohenems 2 früh in Führung brachte. Fabian kam mit leichtem Stellungsdruck gegen FM Alexander Schmidlechner aus der Eröffnung heraus. Den schwarzen Figuren fehlte völlig der Raum und die Koordination. Innerhalb weniger Züge konnte Fabian zwei Qualitäten gewinnen ohne dass die gegnerische Stellung sich sonst irgendwie verbessert hätte. Alexander zog die Konsequenz und gab auf.
Johannes Mundorf legte Uros Nisavic nach. Johannes schaffte es seine Figuren in einer Stonewall Struktur geschickt aufzustellen. Uros war der Meinung die Stellung mit einer langen taktischen Abwicklung verbessern zu können. Jedoch hatte er einen Zug zu wenig weit gerechnet. Am Schluss hatte Johannes eine unangenehme Gabel zwischen Dame und Läufer. Er gewann damit zwar nicht die Figur, bekam aber starken Angriff. Uros fand keine Verteidigung und als Damenverlust unvermeidbar war, gab er auf.
IM Dennis Breder spielte gegen GM Marian Petrov den sogenannten Keres Angriff gegen die Scheveninger Verteidigung. Dennis schien zwar eine schöne Druckstellung zu bekommen, sein Gegner fand aber einige gute Züge und hielt die Stellung zusammen. Für seine Verhältnisse eher ungewöhnlich ging Dennis kein weiteres Risiko ein und tauschte die Dame ab und bot in ausgeglichener Stellung Remis an, was sein Gegner annahm.
Die bunteste Partie des Tages spielte Benjamin Kienböck gegen Patrick Hugentobler. Benjamin schien gut aus der Eröffnung herauszukommen, übersah dann aber fast eine taktische Möglichkeit seines Gegners, was ihn zu einigen ungewollten Zügen gezwungen hat. Die Stellung blieb jedoch hochkompliziert und nach einem unmotivierten Bauernvorstoß vor dem eigenen König schien Benjamin starken Angriff zu erhalten. Wie in unübersichtlichen Stellungen so üblich, fand der "Blechidiot" einige Verbesserungen für beide Spieler, die jedoch keinerlei praktische Relevanz hatten. Benjamin nahm die Möglichkeit eines Qualitätsopfers (mit starkem Königsangriff als Kompensation) dankbar an. Die Stellung schien danach zwar immer noch verwickelt zu sein, aber Benjamin umschiffte alle Klippen geschickt. Beide Spieler wandelten je einen Bauern in eine Dame um. Als Benjamin drauf und dran war dies ein zweites Mal zu machen, gab sein Gegner auf.
Emilian Hofers Partie gegen Markus Natter kann am besten mit dem Wort "komisch" umschrieben werden. Nach einem "Bock" in Eröffnung seines Gegners gewann Emilian für fast nichts eine Leichtfigur. Auf Grund der einen oder anderen unglückliche Entscheidung Emilians konnte sich Markus zwei Bauern einverleiben und Druck auf einen dritten aufbauen. Die Partie war wohl immer noch gewonnen für Emilian, aber plötzlich alles andere als leicht. Kurz vor dem 40. Zug sah sich Emilian genötigt eine Qualität für einen Bauern zu geben. Rein materiell war er zwar immer noch im Vorteil, sein Gegner hatte aber ausreichend Aktivität weshalb beide Spieler mit einer Zugwiederholung die Partie Remis enden ließen.
Den Abschluss machte FM Nikolas Pogan gegen Klaus Doskocil. Klaus behandelte mit Weiß die Philidorverteidigung sehr harmlos, Nikolas konnte mit seinen Springern nach Belieben herum maneuvrieren. Als er diese abtauschte bekam er dafür das Läuferpaar und die weiße Bauernstruktur am Königsflügel war im Eimer. Nikolas nutzte die unglückliche Stellung des weißen Königs auf h2 aus um mit einer taktischen Abwicklung entscheidend Material zu gewinnen. Klaus versuchte sich gegen die Niederlage zu stemmen, nach 48 Zügen war jedoch der Hohenemser Sieg fixiert.
Mit fünf von sechs möglichen Punkten und zwei Kantersiegen befindet sich Hohenems nach drei Runden auf Rang drei. Vorne liegt Zillertal, die im eventuell schon vorentscheidenden Duell gegen Bundesligaabsteiger Absam gewinnen konnten - Zillertal hatte in diesem Wettkampf vier Großmeister im Einsatz. Ganz übel erwischt hat es den anderen Bundesligaabsteiger Bregenz, die nur gegen Hohenems ein 3-3 holen konnte, gegen Dornbirn und Lustenau 2.5-3.5 unterlagen. Weiter geht die Meisterschaft Mitte November in Wals.